Es soll Menschen geben, die den Winter nicht mögen. Wer Schnee und Kälte entkommen will, und sei es nur für kurze Zeit, der hat nun, wo die Corona-Pandemie irgendwie schon der Vergangenheit anzugehören scheint, die Qual der Wahl. Die klassischen Destinationen sind alle wieder ohne (große) Einschränkungen für Touristen geöffnet und der Flugverkehr hat ein Niveau wie vor Corona erreicht. Soll eine Auszeit Sonne, Strand und süßes Nichtstun beinhalten, dann kommen als erstes vermutlich Destinationen wie die Seychellen, die Malediven oder auch die thailändischen Inseln in den Sinn. Wer aber seinen Strandurlaub mit etwas Abenteuer verbinden möchte, der wird mitunter in Südafrika fündig, das sich nicht zuletzt durch seine abwechslungsreiche Landschaft und eine exotische Flora und Fauna auszeichnet.
Kleine Fläche, große Artenvielfalt
Wer an eine Safari im südlichsten Staat Afrikas denkt, dem fällt wahrscheinlich erst einmal der Krüger Nationalpark ein. Mit rund 19.500 Quadratkilometern, die sich bis ins benachbarte Mosambik erstrecken, ist der grenzüberschreitende Park nicht nur die größte, sondern auch die bekannteste Destination für Tierbeobachtungen im Land. Ungefähr eine Million Besucher kommen jährlich hierher, um die Big Five – Elefanten, Löwen, Büffel, Leoparden und Nashörner – und andere afrikanische Wildtiere aus nächster Nähe zu sehen. Dabei gibt es eine Vielzahl weiterer Reservate, die meisten davon in Privatbesitz, die zwar bedeutend kleiner, aber nicht unbedingt weniger artenreich sind. Ein gewisser Minimalismus in Sachen Ausdehnung hat seine Vorteile, denn es ist garantiert weniger los als im Krüger Park und auf kleiner Fläche trifft man mit etwas Glück auch auf mehr Tiere – vor allem dann, wenn man einen erfahrenen Guide an der Seite hat.
Ich habe in den letzten Jahrzehnten immer wieder Safaris in verschiedenen afrikanischen Ländern unternommen – im Rahmen einer geführten Tour oder als Selbstfahrer, zu Fuß und mit dem Kanu, häufig im Zelt, manchmal aber auch in einer edlen Lodge – und es war immer ein echtes Erlebnis. Die Natur erscheint im Busch noch einmal viel näher als anderswo und die Begegnung mit den majestätischen Tieren Afrikas sorgt jedes Mal aufs Neue für Gänsehaut. Und auch wenn es seinen Reiz hat, einen Nationalpark auf eigene Faust zu erkunden, so ist eine organisierte Tour doch noch einmal etwas ganz anderes, denn die Erfahrung und das Wissen eines Profis tragen nicht unerheblich dazu bei, dass eine Safari auch wirklich unvergesslich wird.
Auf Tuchfühlung mit der Natur
Meine letzte Safari war genau das, nämlich unvergesslich und etwas ganz Besonderes. Sie ist zwar erst wenige Wochen her, aber ich bin mir sicher, dass mir einige Begegnungen für immer im Gedächtnis bleiben werden. Begegnungen, die nur aufgrund der Expertise unseres Game Rangers und unseres Fährtenlesers möglich waren. Trotz seiner jungen Jahre hatte unser Guide Kyran Dick ein enormes Fachwissen, gepaart mit einem ansteckenden Enthusiasmus, während der erfahrene Fährtenleser Zeblon Mtshali sein Wissen nutzte, um uns immer wieder auf die richtige Spur zu bringen und uns unsere Wünsche zu erfüllen. Wollten wir eine Giraffe sehen, fand er eine – oder mehrere – Giraffen, stand uns der Sinn nach einer Großkatze, so konnten wir sicher sein, dass Zeblon bald einen Löwen aufspüren würde.
Man möchte beinahe meinen, die dreitägige Safari – mit jeweils zwei rund dreistündigen Ausfahrten pro Tag – folgte einem perfekt durchkomponierten Drehbuch, das auf der letzten Ausfahrt seinen Höhepunkt fand, als eine Herde von fast 30 Elefanten unseren Weg kreuzte. Gigantisch und dabei doch beinahe lautlos, gelten die Dickhäuter nicht umsonst als sanfte Riesen. Sobald sie an uns vorbeigezogen und wieder im Gebüsch verschwunden waren, schienen sie wie vom Erdboden verschluckt. Es war, als wären sie nie da gewesen. Wären wir nur ein paar Minuten später vorbeigekommen, hätten wir die Herde, bestehend aus Muttertieren, Bullen und Jungen, nicht einmal erahnt … aber mit ziemlicher Sicherheit hätte Zeblon uns aus den Spuren im Sand eine Geschichte über sie vorlesen können.
Apropos Elefanten: Mit etwas Glück lassen sich einzelne dieser grauen Giganten auch in unmittelbarer Nähe der Lodge blicken, entweder am Wasserloch vor dem Restaurant oder um einen der zu den Zimmern gehörenden Pools als Wasserstelle zu nutzen. Sie haben richtig gelesen: Da die Lodge nicht umzäunt ist, kommen die Tiere mitunter recht nah – die grosszügigen Zimmer, alle mit eigenem Planschbecken, Außendusche und großer Veranda ausgestattet, sind so in die Landschaft eingebettet, dass man mit der Natur regelrecht auf Tuchfühlung gehen kann.
Wer Lust verspürt, kann zwischen den Ausfahrten außerdem einen geführten „Bushwalk” unternehmen, um die artenreiche Flora und Fauna noch einmal aus einer ganz neuen Perspektive zu erleben oder anstatt der „Big Five” die „Little Five” (kleine Säugetiere, Vögel und Insekten) aufzuspüren. Solche Walks gibt es übrigens auch speziell auf die jüngsten Besucher zugeschnitten, denn Kinder werden in Thanda erst ab sechs Jahren im Safarifahrzeug zugelassen. Eine weitere Besonderheit auf Thanda ist die Möglichkeit einer ornithologischen Führung für Vogelkundler, während an Fotografie interessierte Besucher sich von einem auf Naturfotografie spezialisierten Fotografen begleiten lassen können. Der aus der Schweiz stammende Christian Sperka erzählt, dass er in den letzten zehn Jahren mehr als 1.800 Gäste unterrichtend auf ihren Ausfahrten begleitet hat und dass viele Besucher speziell zum Fotografieren immer wiederkehren.
Umwelt- und Artenschutz als selbst verordneter Auftrag
Im Nordosten der Provinz KwaZulu-Natal gelegen, ist Thanda von roter Erde und Buschland geprägt, sanfte Hügel wechseln sich mit offenem Flachland ab. In dem Reservat kümmern sich mehr als 100 Angestellte um das Wohl der Gäste – und um das der Tiere. Denn auch wenn darauf geachtet wird, dass möglichst wenig Einfluss auf den natürlichen Lauf der Dinge genommen wird, sind manche Eingriffe leider unumgänglich. So werden beispielsweise den Nashörnern in regelmäßigen Abständen die Hörner gestutzt, um sie vor Wilderern zu schützen. Das Horn gilt vor allem in Vietnam und China als Statussymbol für Wohlstand und Erfolg und ein Kilogramm Horn bringt bis zu 20.000 US-Dollar ein (und ein Vielfaches, wenn es sich um asiatische Nashörner handelt). Als Folge des lukrativen Handels sehen sich Nationalparks und Wildreservate quer durch Afrika mit einem riesigen Wilderer-Problem konfrontiert.
Es ist daher in fast allen Parks Routine, dass das jeweilige Gebiet rund um die Uhr von Anti-Wilderer-Einheiten patrouilliert wird – und zwar zu Fuß, auf zwei bzw. vier Rädern und auch aus der Luft. Dass es auf Thanda aber überhaupt erst so weit kommen konnte, ist einem Sinneswandel des Eigentümers zu verdanken. Dieser hatte das Land ursprünglich gekauft, um es in ein Jagdgebiet umzuwandeln, aber im Laufe der Planungen erkannte er, dass die Jagd nach Tieren mit der Kamera viel nachhaltiger war als mit dem Gewehr. Heute wird nicht nur im Thanda Game Reserve umfangreicher Arten- und Umweltschutz betrieben, sondern im Indischen Ozean kümmert sich seine Stiftung zudem um die Rehabilitation von Korallenriffen.
Surfer’s Paradise
Da gerade vom Indischen Ozean die Rede ist: Dieser liegt nicht weit von Thanda entfernt und seine weitläufigen, teils menschenleeren Strände sind ideal, um abzuschalten und neue Energien zu tanken. Die Küste nördlich und südlich von Durban bietet zudem einige der besten Surfgebiete der Welt und dank konsistent guter Bedingungen und des vorteilhaften Klimas hat sich die Provinzhauptstadt zu einem Epizentrum der nationalen und internationalen Surfszene entwickelt.
Die Gegend trägt nicht umsonst den Beinamen „Bay of Plenty”. Es gibt hier eine dermaßen große Auswahl an Beach-, Reef- und Point Breaks, dass Surfer einer jeden Könnensstufe die geeigneten Konditionen finden werden. Als Faustregel gilt: Je weiter nördlich man kommt, desto anspruchsvoller werden die Bedingungen. Für welchen Strand man sich schlussendlich entscheidet, hängt letzten Endes aber nicht nur vom Können, sondern auch von persönlichen Vorlieben ab: Die Gegend an der North Coast ist stark verbaut und Orte wie Ballito oder Umhlanga punkten mehr mit urbanem Flair als mit natürlicher Schönheit, während die Landschaft an der South Coast mit jedem Kilometer, den man zurücklegt, ursprünglicher wird.
Zwar gilt der südliche Winter von Juni bis August als beste Jahreszeit für Surfer, dank beständiger Winde kann aber auch im Sommer mit durchaus guten Bedingungen gerechnet werden. Wenn die Wassertemperaturen dann auch noch angenehme 25 Grad erreichen, ist nicht einmal ein Neoprenanzug nötig und man kann in Shorts bzw. Bikini aufs Brett steigen. Bekanntermaßen zieht warmes Wasser aber nicht nur Badenixen und Wasserratten, sondern auch Haie an. Deshalb sind die Strände hier durch Netze gesichert, die einen zuverlässigen Schutz für Wassersportler darstellen.
Entlang der Küste wird ebenso wie in den meisten Lodges, Parks und Reservaten versucht, so wenig invasiv wie möglich in die Natur einzugreifen, damit sie auch in Zukunft aus nächster Nähe erlebbar bleibt und uns weiterhin mit ihrer Vielfalt und Vielseitigkeit begeistern kann.